Jährlich verbraucht Bitcoin schätzungsweise 94 Terawattstunden Strom, was mehr ist als der gesamte Verbrauch Finnlands. Mit diesem Stromverbrauch könnten in Großbritannien alle Teekessel 21 Jahre lang betrieben werden. Trotzdem sollte beachtet werden, dass sämtliche Klimaanlagen weltweit mehr als 23-mal so viel Strom verbrauchen.
Es ist wichtig, die Augen aufzumachen und zu erkennen, dass Bitcoin nicht der einzige Übeltäter ist. Es ist unser gemeinsames Problem und unsere Verantwortung, etwas dagegen zu unternehmen. Wird es uns jemals gelingen, das 1,5-Grad-Klimaziel zu erreichen, wenn wir so weitermachen? Was können wir tun, um unsere Umwelt stärker zu schützen?
Wie entstand Energy Web?
Im Jahr 2017 gründeten das Rocky Mountain Institute, bekannt für seine Nachhaltigkeitsforschung, und der Blockchain-Entwickler Grid Singularity gemeinsam mit 10 weiteren Energieunternehmen das Projekt Energy Web. Sie schufen den Energy Web Token, eine Kombination aus Experten aus den Bereichen Energie, Finanzen und Blockchain, unter anderem unter der Leitung des ehemaligen COO der ING Bank, Walter Kok, der heute strategischer Berater bei Energy Web ist.
Auch der erfolgreiche Blockchain-Forscher und ehemalige Empfänger des „Ericsson Award of Excellence in Telecommunications“, Vlachos, ist heute kommerzieller Direktor bei Energy Web. Sogar Entwickler von Ethereum waren an dem Projekt beteiligt und die eigene Energy Web Blockchain startete zwei Jahre nach der Gründung. Der Code der Energy Web Chain basiert auf dem Ethereum Code.
Warum gibt es Energy Web?
Die heutige Energie-Infrastruktur ist nicht für den Endverbraucher konzipiert. Wenn du einen Blick auf die Aufteilung des Strompreises wirfst, wirst du feststellen, dass du 2022 alleine für Steuern, Abgaben und Umlagen fast 40% des Preises gezahlt hast, was bei einer Rechnung von 100 Euro 40 Euro sind. Darüber hinaus haben wir keinen Überblick über unser eigenes Energiemanagement.
Weißt du, wie hoch dein persönlicher CO2-Fußabdruck ist?
Weißt du, woher der Strom für dein Elektroauto kommt? Möchtest du nicht auch eine Entscheidung treffen können, welche Energiequellen deinen Verbrauch decken, bevorzugt von Lieferanten aus deiner Region? Oder weißt du, welche Produzenten die Batterie für deinen Feuermelder aufweist?
Obwohl wir als Endverbraucher von Energie abhängig sind, haben wir oft keine Kontrolle darüber, woher diese Energie stammt. Wir müssen uns auf die Angaben von Herstellern oder Behörden verlassen und haben keinen einfachen Zugang zum Energiemarkt. Dies liegt daran, dass die Kette der Energieversorgung sehr lang ist.
Es gibt viele Akteure, die beteiligt sind – von den Stromerzeugern, wie z.B. einem Windpark, über die Stromversorger, die den Strom an den Endkunden vermitteln oder direkt liefern, bis hin zu den Unternehmen, die den Strom über Netzwerke übertragen und verteilen. Insbesondere die Verteilung des Stroms erfolgt über verschiedene Verteilernetzwerke, von überregionalen bis hin zu lokalen Anbietern wie Stadtwerken. Am Ende gelangt der Strom schließlich zu uns, den Verbrauchern. Allerdings ist dieser Prozess sehr komplex und selbst Energieunternehmen haben Schwierigkeiten, den Überblick zu behalten und die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Jedes Unternehmen hat seine eigenen Herausforderungen in Bezug auf die Energieversorgung. Ein Unternehmen muss sowohl für die Instandhaltung als auch für den aufwendigen Austausch von Informationen mit anderen Betreibern bezahlen. Dies führt zu häufigeren Fehlern beim Sammeln und Analysieren von Daten, was die Daten selbst „verschmutzt“ und an Transparenz verliert, was die Kosten erhöht.Zudem verbrauchen die einzelnen Unternehmen mehr Energie und Co2.
Wie kann ein solches System nachhaltiges Energiemanagement betreiben, wenn es selbst nicht nachhaltig ist?
Das ist der Knackpunkt: Um eine nachhaltige Energieversorgung zu erreichen, muss das grundlegende Versorgungssystem geändert werden. Genau hier setzt das Projekt Energy Web an, das eine dezentralisierte und transparente Energieversorgung fördert.
Das Projekt Energy Web hat das Ziel, die Infrastruktur für den Energiesektor und die erneuerbaren Energieressourcen zu dezentralisieren. Um dies zu erreichen, vereinheitlicht es den bisherigen Flickenteppich von verschiedenen Akteuren und ermöglicht jedem, der teilnehmen möchte, eine digitale Identität zu erhalten. Dazu gehören sowohl Verbraucher als auch Umweltbehörden, Stadtwerke, Energiekonzerne und auch Geräte oder Energieressourcen wie z.B. ein Tesla oder eine einfache Batterie oder eine Solaranlage auf einem Haus. Im Energy Web, dem neuen Internet der Energie, werden alle Teilnehmer authentifiziert und geprüft, um Transparenz und Sicherheit zu gewährleisten.
Die Vision WEB 3.0
Nach der Zuweisung und Authentifizierung der digitalen Identitäten, werden auch die Rechte und Fähigkeiten der Teilnehmer festgelegt. Denn beispielsweise kann eine Solaranlage keinen Wind liefern und ein Auto kann keine Herstellerangaben einer Batterie als gültig erklären. Auch du als Verbraucher erhältst mehr Rechte, die früher nur ein zentrales Energieunternehmen hatte. Du könntest zum Beispiel eines Tages deine eigenen Energiequellen, wie z.B. dein Haus, dein Auto und alle deine Smart Geräte selbst verwalten.
Sobald die Identitäten authentifiziert sind, haben sie Zugriff auf eine Palette an technologischen Lösungen. Dazu gehört beispielsweise das Asset Management, der Datenaustausch (die Identitäten können sich unmittelbar miteinander vernetzen) oder Lösungen, um den nachhaltigen Energieverbrauch zu fördern, wie z.B. Green Proofs.
Da alle Identitäten auf einer gemeinsamen Plattform operieren, wird dieses plattformübergreifende Tool als Energy Web Decentralized Operating System (EWDOS) bezeichnet. Mit diesem Betriebssystem strebt Energy Web danach, einen neuen und einheitlichen Industriestandard zu schaffen. Durch die Vereinheitlichung des bisherigen kaputten Flickenteppichs, mit Löchern und Farben, die nicht zusammenpassen, soll ein niegelnagelneuer grüner Teppich entstehen. Dieser neue Teppich soll uns langfristig helfen, auf erneuerbare Energie umzustellen – vom E-Auto bis hin zum Flugzeug und von Unternehmen bis hin zur Kryptowährung. In dieser Vision geht es um die Dekarbonisierung der Wirtschaft. Welche Partner und Projekte unterstützen diese Vision?
Wie wird Energy Web genutzt?
Energy Web arbeitet bereits mit über 100 Partnern zusammen. Einige Beispiele aus der Partnerliste sind: Shell, ein Gründungsmitglied von Energy Web und eines der größten Mineralöl- und Erdgasunternehmen weltweit. Eon, ein deutscher Energiekonzern. Die Elia Group, ein börsennotierter Netzbetreiber mit Hochspannungsnetzen in Belgien. SB Energy, ein japanischer Stromerzeuger, der sein Geschäft auf erneuerbare Energien konzentriert. Vodafone und Autohersteller wie Volkswagen und Blockchain-Netzwerke wie Filecoin. Diese Partnerschaften sind beeindruckend und es sind noch nicht alle aufgeführt.
Energy Web ist beteiligt an rund 50 Projekten, einige Beispiele dafür sind die folgenden. Ein gemeinsames 24/7 Pilotprojekt mit Shell, SB Energy und Elia, welches soll den Energieverbrauch von erneuerbaren Energien transparenter erfassen indem die Green Proof Lösung verwendet wird. Google entwickelt mit Hilfe der Datenaustauschlösung von Energy Web ein digitales Rahmenwerk, das die Koordination dezentraler Energieressourcen im europäischen Stromnetz ermöglicht.
Der XRP Ledger verwendet seit 2020 die Green Proofs Lösung von Energy Web, um die gesamte Blockchain zu dekarbonisieren. Mit Green Proofs for Bitcoin gibt es eine Initiative für Miner, um sich für ein Nachhaltigkeitszertifikat zu bewerben, welches sie dann gegenüber Marktteilnehmern, Behörden oder Geschäftspartnern offenlegen können.
Mit der Smart Charging App von Energy Web und Volkswagen kann der Besitzer seines Elektrofahrzeugs die Art der erneuerbaren Energiequellen, die zum Laden verwendet werden sollen, auswählen, z.B. Windenergie oder Solarenergie, und den Radius, aus dem die Energiequellen stammen sollen. Er kann auch festlegen, bis wann das Auto geladen sein soll, z.B. bis 19 Uhr zu 80%. Der CO2-Fußabdruck wird dabei transparent aufgeschlüsselt, damit der Besitzer die Umweltauswirkungen seiner Entscheidungen verstehen kann.
Übrigens…
Seit Dezember 2022 ist Energy Web Teil der Hyperledger Foundation, um den Austausch mit anderen WEB3-Projekten unter dem Dach der Linux Foundation zu beschleunigen. Auch seit Dezember sind erste Teilbereiche von Energy Web beim Cloud-Anbieter Amazon Web Services erhältlich. Energy Web ermöglicht es traditionellen Unternehmen, einfacher mit dem neuartigen Betriebssystem der Energy Web Chain vertraut zu werden und reduziert die technischen Hürden, was den Weg für die Massenadaption von Blockchain-Technologie ebnen wird. Mit dieser Lösung kann man Blockchain Technologie per Knopfdruck nutzen.
Energy Web Token | EWT
Der Energy Web Token (EWT) hat mehrere Funktionen. Erstens ist EWT der Utility Token im Ökosystem: Ein Unternehmen bezahlt mit EWT, wenn es Dienstleistungen aus dem Utility Layer benutzen möchte. Der Utility Layer enthält verschiedene Softwaredienste, die wiederum dApps unterstützen, indem sie gemeinsame Anwendungsmöglichkeiten rund um digitale Identitäten, dezentrales Nachrichtenschreiben oder den Datenaustausch bieten. Diese Dienste werden über Smart Contracts abgewickelt, die Transaktionskosten in Form von EWT beanspruchen.
Zweitens ist EWT der Reward Token, um das Netzwerk abzusichern. Die Energy Web Chain verwendet einen erweiterten Proof of Stake Mechanismus, Proof of Authority. Auch VeChain verwendet Proof of Authority. Die Validatoren bei Energy Web sind nicht anonym, sondern müssen sich bei der Foundation authorisieren und werden Teil eines Konsortiums. Du siehst hier alle aktuell über 40 registrierten Unternehmen, die Knoten betreiben.
Um Dienstleistungen auf der Energy Web Chain zu nutzen, muss man EWT als Treibstoff verwenden. Mit dSLA (Decentralized Service Level Assurance) können Anbieter von Dienstleistungen auf der Chain ihre Leistungen verbessern und sicherstellen, indem sie EWT staken. Dadurch wird eine Art von Versicherung für die Nutzer geschaffen, dass die Dienstleistungen zuverlässig und verfügbar sein werden. Auf diese Weise kann man die Qualität und Verfügbarkeit von Dienstleistungen auf der Energy Web Chain verbessern.
Staking
Nur verifizierte Teilnehmer der Energy Web Community, sogenannte Patrons, dürfen Staken. Diese Patrons geben ihre Tokens in den Pool von sogenannten Providern, die im Utility Layer einen Service Knoten betreiben.
Da Provider Energy Web Token verwenden müssen, um eine Kaution hinterlegen zu können, greift hier das Prinzip der freien Marktwirtschaft. Je schneller und sicherer ein Provider arbeitet, desto höher fallen die Rewards für seinen Pool und seine Patrons aus. Gute Arbeit zieht mehr Patrons mit mehr Kapital an, während schlechte Arbeit dazu führt, dass Patrons ihre Tokens aus dem Pool abziehen Das schadet dem Ruf und dem Kapital des Providers.
Laut meinem Verständnis befinden sich verschiedene Staking-Programme für die Community derzeit in der Testphase und werden aufbauend weiter entwickelt.
Zusammenfassung
Unsere Kohle-, Erdöl- und Erdgasvorräte werden eines Tages erschöpft sein. Erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie müssen unsere Energieträger der Zukunft sein, da sie in den kommenden Jahrzehnten 50-80% der Gesamtversorgung ausmachen könnten. Der Markt, wie er heute ist, kann jedoch unsere umweltfreundlichen Energieressourcen nicht umweltfreundlich genug verwalten.
Ein neues System ist erforderlich, das hilft, die Energie-Transformation zu beschleunigen. Energy Web möchte ein neues, auf Web3 basierendes Ökosystem schaffen, das wie ein Smart Grid, ein intelligenzes Netzwerk, allen Teilnehmern Zugang zum Energiemarkt gewährt. Der Energy Web Token unterstützt dabei als Utility- und Reward-Token das gesamte Ökosystem.
